Hector Umbra. Von Uli Oesterle. Eine Graphic Novel.

Hector Umbra Hector Umbra ist Münchner und so etwas wie der Prototyp des Großstadt-Slackers in den Mittdreißigern - vielleicht etwas besser gekleidet, aber eigentlich ein Anachronismus, eine wahrhaft aussterbende Art. Im Mittelpunkt seines Daseins stehen ein paar gute Drinks in ein paar guten Bars mit ein paar guten Freunden. Hin und wieder gehen davon ein paar über die Isar, wenn sie ein paar zu viel von irgendwas genommen haben. Das verbessert die Situation Umbras nicht unbedingt und trägt zu seinem Hang zur Neurose und Defätismus bei.

 

Dass ein paar Neurosen mitunter die besseren Begleiter sind, muss Hector Umbra erfahren, als sein Freund und gleichzeitig der angesagteste (noch so ein Anachronismus) DJ Münchens, Osaka Best, spurlos verschwindet. Da sich das Freundschaftsfeld Umbras bereits mächtig gelichtet hat, regen sich Zweifel an den Beschwichtigungsversuchen seines Umfelds. Umbra taucht ein in eine seltsame Zwischenwelt aus Tag und Nacht, Cyan und Magenta, real und neuronal.

Der Trip durch die Münchner Szene, Unterwelt und Synopsenstruktur rasiert Umbra das Hirn. Wahn und Wahrheit verschwurbeln zu einem seltsamen Brei, der einem Kapitänsdinner auf einer Pillen- und Pharmakreuzfahrt gleich kommt. Gewaltbereite Zeugen Jehovas aus der Geriatrie, Star-Wars-hafte extrazerebrale Schattenwesen, gefakte Pseudo-DJs, vor sich hin brabbelnde Obdachlose im Schwarzwahn und aufgepimpte Mediengören im Menschenverachtungsmodus: Umbra und München bleiben von nichts verschont. Mehr noch: Umbra muss erkennen, dass er der einzige ist - gewissermaßen als Auserwählter - der seinen Freund retten kann. John McClane (a.k.a. Bruce Willis) gleich geistert Umbra anfangs durch die Geschichte, bis er beginnt, den Wahnwitz zu akzeptieren und nach dessen Regeln zu spielen. Spätestens als ihn sein toter Kumpel Joseph auf einen Drink einlädt, ist klar, dass in Bayerns Hauptstadt noch ganz andere Mächte Brezeln backen als der Viktualienmarkt vermuten lässt.

Osterle hat mit Hector Umbra eine international taugliche Anti-Helden-Ikone geschaffen, die das Zeug zum Kult hat. Den Kontrast zum neuronal fest verwurzelten Biederbayern und Schickimünchen zelebriert er auf hohem Subversivniveau. Für jeden Erdenbewohner außerhalb Münchens gewinnt die peinliche Hauptstadt Deutschlands erstmals Sympathien - spätestens als die Türme der Frauenkirche beginnen zu wanken. Nebenbei erzählt Oesterle ein Metropolenmärchen von Liebe, Freundschaft und Tod. Carlsen gebürt Dank, dass dieses Epos postbayerischer Lebensart erstmals in einem Band als Graphic Novel erscheint.

Hector Umbra von Uli Oesterle
ab 12 Jahren
216 + VNS Seiten
Hardcover / 17,0 x 24,0 cm
€ (D) 24,90
ISBN 978-3-551-74868-3

www.carlsen.de/web/comic/hector_umbra/hector_umbra_special_index  

www.oesterle-illustration.com  
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