Die Flucht nach Abecederia. Von Blexbolex.

blexbolex abecederiaDas nennt man wohl vom Regen in die Traufe gekommen. Nach Léon und Bernard Blanchet wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Sie haben schließlich einiges auf dem Kerbholz: Schutzgelderpressung, Bandenmitgliedschaft und ein paar andere krumme Dinger. Ihre Flucht führt sie aus der französischen Unterwelt nach Nordafrika und schließlich weiter ins Herz der Finsternis. Bernard verspricht einen sicheren Hafen, ein Paradies: Abecederia, das Land, wo Milch und Honig fließen. Stattdessen finden sich die beiden Brüder in der Hölle wieder. An der Grenze wird der Pass eingezogen, im Austausch gibt es eine Gasmaske. Léon und Bernard erwartet ein finsteres Arbeitslager.  

Man schreibt das Ende der 60er Jahre. In Afrika tummeln sich Diktatoren, die hinter menschenfreundlichen Masken ihre barbarischen Fratzen verstecken. Auch Dr. Praxis sieht sich als Heilsbringer und Erlöser und ist doch eine abscheuliche Kreuzung aus Idi Amin und Dr. Mengele. Was führt er wirklich im Schilde in den Tiefen des afrikanischen Dschungels? Léon und Bernard werden Teil einer bizarren Maschinerie und Gegenstand ständiger Überwachung. The horror, the horror: Die Gesichter hinter phallisch-rüsselartigen Gasmasken verborgen, müssen die Bewohner von Abecederia Tag für Tag Leichensäcke in den Urwald schleppen. Schließlich lässt Dr. Praxis die Katze aus dem Sack, Léon erfährt, was das eigentliche Daseinszweck der Kolonie ist, und es zeigt sich, was der Doktor in dem Gebiet eines Meteoriteneinschlags wirklich sucht. Den Höhepunkt des Wahnwitzes bildet eine faszinierend-abstoßende Sexszene mit fatalen Folgen.

Der in Berlin lebende Künstler, Illustrator und Comiczeichner Bernard Granger alias Blexbolex wurde 1966 in Frankreich geboren und hat seitdem eine Reihe von Büchern veröffentlicht. Dass er sich in kein Schema pressen lässt, zeigt auch sein unlängst erschienenes Kinderbuch „Leute", das für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2009 nominiert wurde. Auch die grandiose Geschichte „Die Flucht nach Abecederia" ist ungewöhnlich. Ist das überhaupt ein Comic? Statt der gewohnten Tuschezeichnungen und Panels verleihen Druckgrafiken in Khakigrün, Braun, blassem Gelb, mattem Blau und einem intensiven Rot den Illustrationen eine plakatartige Anmutung. Übrigens enthält der schmale Band, der in limitierter Auflage in der Reihe „Die tollen Hefte" bei der Büchergilde Gutenberg erschienen ist, auch ein phantastisches Plakat als Beigabe. Auch der Titel „Abecederia" ist Programm: Jede Heftseite verbirgt, erst auf den zweiten Blick zu entdecken, einen Buchstaben des Alphabets. Mit Z und einem unerwarteten Finale endet die Geschichte.

Büchergilde Gutenberg, 2007
32 Seiten, ISBN 978-3940111418
http://www.buechergilde.de/
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