Das Ende der Welt. Von Tom Tirabosco und Pierre Wazem. Eine Graphic Novel.

Das Ende der Welt. Cover.Prolog: Eine einsame, regnerische Nacht mitten im Wald. Sintflutartige Regenfälle überschwemmen die Straße, nur mühsam lässt sich das Auto steuern. Ein Mann versucht, das ältere Kind auf dem Rücksitz, seine hochschwangere Frau, rechtzeitig durch das Unwetter ins Krankenhaus zu bringen -- bis ein umstürzender Baum den Wagen unter sich begräbt.  

Ungefähr zwanzig Jahre später, wieder regnet es: Eine junge Frau liegt auf dem kahlen Boden ihrer Wohnung und blickt mit riesigen Augen, die an dunkle Teiche erinnern, ins Leere. Während vor dem Fenster die Welt unterzugehen scheint, versinkt das Mädchen in ihrer Traurigkeit und träumt von der Mutter, die sie nie gekannt hat. Verlassen hat sie die Familie, als die Tochter noch ganz klein war.
Draußen auf Frankreichs Straßen macht sich unterdessen Weltuntergangsstimmung breit, der sintflutartige Regen sei ein Vorbote des jüngsten Gerichts, so sagt man. Die Welt der Protagonistin ist offenbar schon längst untergegangen, und so kehrt der Dauerregen ihr Innerstes nach außen. Wie Schnüre fällt der Regen vom Himmel; die Welt dieser Graphic Novel ist in ein düsteres blaues Licht getaucht -- neben schwarz und weiß ist blau die einzige Farbe, die in den meisterhaften Kreidezeichnungen verwendet wird.

Die Nachricht vom Herzinfarkt ihres Vaters spült das Mädchen tiefer in die Trostlosigkeit. Im Krankenhaus versinkt sie neben dem Bett des Vaters in Schweigen, und man spürt, dass diese Sprachlosigkeit schon viele Jahre andauert. Die Sorge um Apollo, die Katze des Vaters, treibt das Mädchen schließlich hinaus in den Regen und in das verlassene elterliche Haus.

Unbarmherzig prasselt der Regen weiter nieder, auf den Straßen bilden sich Sturzbäche, die Fahrräder, Möbelstücke und andere Gegenstände mit sich fortspülen. Sogar die Fische haben den Fluss verlassen; Welse tummeln sich mit tastenden Barten im Garten des verwunschen wirkenden Hauses. „Was in den Tiefen verborgen war, steigt an die Oberfläche", das meint nicht allein die sonst auf dem Grund der Gewässer verborgenen Tiere, die durch die Fluten ans Tageslicht kommen. Auch alte Verletzungen werden ins Bewusstsein gespült.

Im Haus des Vaters angekommen, trifft das Mädchen auf eine geheimnisvolle alte Frau, die durch die gesamte Geschichte geistert: Ist sie Hexe, Fee, Retterin oder der Tod? Mit Unterstützung des äußerst eloquenten Katers Apollo (der seine ganz eigene Agenda verfolgt) weist die Alte ihr den Weg in die verschlungenen Pfade ihres Unbewussten und ihrer Lebensgeschichte - bis sich zuletzt der Kreis der Geschichte schließt, eine Heilung möglich wird und der Himmel wieder aufklart. Eindringliche Zeichnungen verbinden sich mit einer poetischen Geschichte zu einem Märchen mit hypnotischer Wirkung.

Avant-Verlag 2009
Broschiert, 119 Seiten, EUR 17,95
www.avant-verlag.de  

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