Brathering mit Schlagsahne

ImageÜmit Özal, seine Familie, seine Arbeitskollegen und der gesamte deutsche Fußball sind dem Desaster eben gerade entkommen. Der anscheinend folgenlose Kollaps des Kölner Abwehrmanns beim Spiel in Karlsruhe hat den 29.000 Anwesenden einen gehörigen Schreck versetzt und hätte bei schlimmen Ausgang uns allen das Vergnügen am Fußball auf lange Zeit genommen. Es ging noch einmal gut und umso vergnüglicher ist nun die öffentliche, mediale und offizielle Aufarbeitung des Falls Özal.

Alles spricht dafür, von einem Kreislaufkollaps des Türken auszugehen. Die Spekulationen, wie es zu solch einem kommen konnte, schießen ins Kraut. Offiziell wird vermutet, dass der Rechtsverteidiger vor dem Spiel zu wenig aß, da er doch sowieso über den Sommer sieben Kilo abspeckte. In Zeiten, da sich auf den Trainingsgeländen die Co-Trainer und Ernährungsberater über den Haufen rennen, in denen den Profis selbst Berater bei Film- und Fernsehauswahl sowie beim Fußnägelschneiden zur Seite gestellt werden, soll der kleine Ümit vor dem Spiel zu wenig gegessen haben. Das klingt hanebüchen! So hanebüchen, dass man meinen sollte, die Erklärung existiert um ihrer Selbst willen, damit anderes besser nicht nach außen dringt.

Aber die Sportpresse ist dem Lieblingskind der Deutschen wohlgesonnen. Möglicherweise von Zwanziger und seinen Saubermännern weichgespült. Deshalb vermisst man in der aktuellen Diskussion das Stichwort Doping. Könnte es sein, das so etwas wie im Fall Özal im weiteren Sinn mit unerlaubten, leistungssteigernden Substanzen zusammenhängt? Dabei geht es gar nicht darum, dem Kölner tatsächlich Doping zu unterstellen, sondern vielmehr um die Verwunderung, dass diese Vermutung überhaupt nicht in den Medien auftaucht. Offensichtlich glaubt der Sportjournalismus fest an die offiziell verbreitete These, Doping im Fußball sei so sinnvoll wie Brathering mit Schlagsahne aufzupeppen. Wir glotzen nur ehrfürchtig, wenn man uns erzählt, dass Profiverträge mehr und mehr leistungsbezogen sind, im gleichen Atemzug wird jedoch verbreitet und von uns beglaubigt, dass morgens ein rohes Ei und abends ein T-Bone-Steak mit einem Gläschen Iso-Durstlöscher der wahre Weg zum erfolgreichen Vertragsfußballer sei.

Doping im deutschen Fußball wird von den entscheidenenden Zirkeln ins gleiche Fabelreich wie Bestechung und Korruption gestellt. Wenn überhaupt, reden wir nur über Einzelfälle ohne Relevanz für das Gesamtgebilde. Sollen wir nun alle die linke Sandale ausziehen und folgen?

Die deutschen Fußballoberen spielen Sitzfußball. Jedes Problemthema wird bis zur bis zur Unkenntlichkeit plattgesessen und anschließend als bearbeitet und gelöst präsentiert.Dabei ist es egal ob es sich um Doping, Korruption oder Homosexualität handelt, der DFB, die DFL und die Erfüllungsgehilfen gaukeln uns das ewige Sommermärchen vor. Der Name Ümit Özal ist Gott sei Dank mit einem glücklichen Erwachen verbunden, der deutsche Fußball steht vielleicht vor einem bösen Erwachen.