blau

blauich sah sie unterm gardinensaum, zart, bläulich, den kopf in schräglage; grinste und kratzte. langsam tappte ich, die zehen dicht am boden, leise millimeter. sie nahms zur kenntnis, rückte das rückrad zum buckel und verschwand.


blau gekleidete männer saßen an tischen. stumm und blass starrten sie auf ihre suppe. eine ewigkeit gings so weiter, bis es einer von ihnen satt hatte: stand auf und ging zum nebentisch. da erhoben sich auch die anderen blauen und alle wechselten die plätze. es war ein geübter wechsel, eine tägliche routine. einer stand auf, ein anderer setzte sich. es kam niemals zu unterbrechungen, es lief einfach so. man glitt aneinander vorbei, lautlos, geschäftig; mit dem ziel, den angestrebten sitz zur rechten zeit zu besetzen, um dann wieder aufzustehen und weiter: setzen, besetzen, aufstehen; so gingen sie ihre runden, präzise. in ihrer lautlosigkeit gefasst; desinteressiert.

aber die arme hob dann doch jemand und die stille war durchbrochen: sie rückten sich lautstark zurecht. und der große blaue spreizte jetzt den kleinen finger ab. die anderen spreizten auch. wie ein gefährlicher gruß standen sie spitz. jetzt faselte der große blaue was von meisterschaft und spreizte noch dazu den daumen ab. eine glänzende demonstration. doch ich blieb hinter dem vorhang.

die blaue habe ich nie wieder gesehen.

 

text und bild ilka berger

ilka berger